Das Zeit-Bild. Kino 2

TitelDas Zeit-Bild. Kino 2
TypBuch
Jahr1991
AutorenDeleuze Gilles
VerlagSuhrkamp
OrtFrankfurt am Main
Zusammenfassung

"Im ersten Band seiner Untersuchung hatte Deleuze das Bewegungs-Bild betrachtet, das nur ein indirektes Bild der Zeit gibt: die Zeit entsteht durch Sukzession, durch das Vorher und Nachher der Bewegungen, zusammengehalten durch ein sensomotorisches Band, ablesbar an der Technik der Montage. Das Zeit-Bild hebt das Bewegungs-Bild nicht auf, es befreit nur die Zeit aus ihrer Abhängigkeit von der Bewegung. Die Zeit ist nicht mehr das bloße Derivat der Bewegung, sie wird vielmehr unmittelbar dargestellt. Die Akteure agieren nicht mehr, die Handlung bleibt in der Schwebe, und in das Intervall bricht die Zeit ein; die Personen bewegen sich scheinbar ziellos durch rätselhafte Räume, sehen und hören, erinnern sich oder unterliegen Erinnerungstäuschungen."

Inhalt:

1. Jenseits des Bewegungs-Bildes
Wie lässt sich der Neorealismus definieren? Die optischen und akustischen Situationen im Gegensatz zu den sensomotonschen Situationen: Rossellini, De Sica. Optozeichen und Sonozeichen: Objektivismus/Subjektivismus, Reales/Imaginäres. Die nouvelle vague: Godard und Rivette. Die Taktilzeichen (Bresson)
Ozu, der Erfinder der rein optischen und akustischen Bilder. Die alltägliche Banalität. Leere Räume und Stilleben. Die Zeit als unwandelbare Form
Das Unerträgliche und die Hellsicht. Von den Klischees zum Bild. Jenseits der Bewegung: es gibt nicht nur Opto- und Sonozeichen, sondern auch Chrono-, Lekto- und Noozeichen. Antonioni
2. Rekapitulation der Bilder und Zeichen
Kino, Semiologie und Sprache. Gegenstände und Zeichen
Reine Semiotik: Peirce und das System der Bilder und der Zeichen. Das Bewegungs-Bild, die Zeichen-Materie und die nichtsprachlichen Ausdrucksmerkmale (der innere Monolog)
Das Zeit-Bild und seine Unterordnung unter das Bewegungs-Bild. Die Montage als indirekte Repräsentation der Zeit. Die anormalen Bewegungen. Die Emanzipation des Zeit-Bildes: seine direkte Darstellung. Der relative Unterschied zwischen dem klassischen und dem modernen Kino
3. Von der Erinnerung zu den Träumen. Dritter Bergson-Kommentar
Die beiden Arten des Wiedererkennens bei Bergson. Die Kreisläufe des optischen und akustischen Bildes. Die Figuren bei Rossellini
Vom optischen und akustischen Bild zum Erinnerungs-Bild. Rückblenden und Kreisläufe. Die beiden Pole der Rückblende: Carne, Mankiewicz. Mankiewicz: die Zeit, die sich verzweigt. Die Unzulänglichkeit des Erinnerungs-Bildes
Die immer größer werdenden Kreisläufe. Vom optischen und akustischen Bild zum Traum-Bild. Der explizite Traum und sein Gesetz. Seine beiden Pole: Rene Clair und Bunuel. Die Unzulänglichkeit des Traum-Bildes. Der »implizite Traum«: die Bewegungen der Welt. Märchen und Musical. Von Donen und Minnelli zu Jerry Lewis. Die vier Entwicklungsstadien des Slapsticks. Lewis und Tati
4. Die Zeitkristalle
Das Aktuelle und Virtuelle: der kleinste Kreislauf. Das Kristallbild. Die ununterscheidbaren Unterschiede. Die drei Aspekte des kristallinen Kreislaufs (verschiedene Beispiele). Die doppeldeutige Frage nach dem Film im Film: Zeit und Geld, industrielle Kunst
Das Aktuelle und Virtuelle nach Bergson. Bergsons Thesen über die Zeit: die Gründung der Zeit
Die vier Zustände des Kristalls und die Zeit. Ophüls und der vollkommene Kristall. Renoir und der rissige Kristall. Fellini und die Bildung des Kristalls. Das Problem der Filmmusik: akustischer Kristall, Galopp und Ritornell (Nino Rota). Visconti und der sich zersetzende Kristall
5. Gegenwartsspitzen und Vergangenheitsschichten. Vierter Bergson-Kommentar
Die zwei direkten Zeit-Bilder: Koexistenz der Vergangenheitsschichten (Aspekte), Simultaneität der Gegenwartsspitzen (Akzente). Das zweite Zeit-Bild: Robbe-Grillet, Bunuel. Die unerklärbaren Differenzen. Real und imaginär, wahr und falsch
Das erste Zeit-Bild: die Vergangenheitsschichten bei Orson Welles. Die Fragen der Schärfentiefe. Metaphysik des Gedächtnisses: die unnützen, aber aktivierbaren Erinnerungen (Erinnerungs-Bilder), die nicht-aktivierbaren Erinnerungen (Halluzinationen). Der Fortschritt in den Filmen von Welles. Das Gedächtnis, die Zeit und die Erde
Die Vergangenheitsschichten bei Resnais. Gedächtnis, Welt und Weltalter: der Fortschritt der Filme. Die Gesetze der Schichtentransformationen, die unentscheidbaren Alternativen. Lange Einstellung und rasche Schnittfolge. Karten, Diagramm und mentale Funktionen. Topologie und achronologische Zeit. Von den Empfindungen zum Denken: die Hypnose ...
6. Die Mächte des Falschen
Die zwei Ordnungen des Bildes: vom Blickwinkel der Beschreibungen (organische und kristalline Beschreibung); vom Blickwinkel der Erzählhandlungen .(wahrhaftige und fälschende Erzählhandlung). Die Zeit und die Macht des Falschen im Bild. Die Figur des Fälschers: seine Vielfalt, seine Macht der Verwandlung . .
Orson Welles und die Frage nach der Wahrheit. Kritik des Urteilssystems: von Lang bis Welles. Welles und Nietzsche: Leben, Werden und Macht des Falschen. Die Transformation des Zentrums bei Welles. Die Komplementarität von rascher Schnittfolge und Sequenzeinstellung. Die großen Serien der Fälscher. Warum nicht alles gleich ist
Ausgehend vom Blickwinkel der Erzählungen (wahrhaftige und simulierende Erzählung).Das Wahrheitsmodell im Realen und in der Fiktion: Ich = Ich. Die doppelte Transformation des Realen und der Fiktion. »Ich ist ein anderer«: die Simulation, das Fabulieren. Perrault, Rouch und was cinema-verite besagen will. Das Vorher, das Nachher oder das Werden als drittes Zeit-Bild
7. Das Denken und das Kino
Die Ambitionen des frühen Kinos: Massenkunst und neues Denken, geistiger Automat. Das Modell Eisensteins. Erster Aspekt: vom Bild zum Denken, der zerebrale Schock. Zweiter Aspekt: vom Denken zum Bild, die rhetorischen Figuren und der innere Monolog. Die Frage nach der Metapher: die schönste Metapher des Kinos. Dritter Aspekt: die Gleichheit von Bild und Denken, die Verbindung von Mensch und Welt. Das Denken, Macht und Wissen, das Ganze
Die Krise des Kinos, der Bruch. Der Vorläufer Artaud: das Unvermögen zu denken. Die Entwicklung desgeistigen Automaten. Wovon das Kino im Wesentlichen betroffen ist. Kino und Katholizität: Glauben anstelle des Wissens. Die Gründe, an diese Welt zu glauben (Dreyer, Rossellini, Godard, Garrel)
Eine theorematische Struktur: vom Theorem zum Problem (Astruc, Pasolini). Das Denken des Außen: die Sequenzeinstellung. Das Problem, die Wahl und der Automat (Dreyer, Bresson, Rohmer). Der neue Status des Ganzen. Der Zwischenraum und der irrationale Schnitt. Die Auflösung des inneren Monologs und die Ablehnung der Metaphern. Zurück vom Problem zum Theorem: Godards Methode und die Kategorien
8. Kino, Körper und Gehirn, Denken
»Gebt mir einen Körper«. Die zwei Pole: Alltäglichkeit und Zeremonie. Erster Aspekt des Experimentalfilms. Das Kino des Körpers: von den Verhaltensweisen zum Gestus (Cassavetes, Godard und Rivette). Die Zeit nach der nouvelle vague. Garrel und die Frage nach der kinematographischen Erschaffung der Körper. Theater und Kino. Doillon und die Frage nach dem Raum der Körper: die Nicht-Wahl
Gebt mir ein Gehirn. Das Kino des Gehirns und die Frage nach dem Tod (Kubrick, Resnais). Die beiden grundlegenden Veränderungen, unter zerebralem Gesichtspunkt. Weiß film oder Schwarzfilm, die irrationalen Schnitte und die Neu-Verkettungen. Zweiter Aspekt des Experimentalfilms
Kino und Politik. Das Volk fehlt. Die Trance. Die Fabulierfunktion und die Produktion kollektiver Aussagen
9. Die Bestandteile des Bildes
Das »Stumme«: das Gesehene und das Gelesene. Das Sprachliche als Dimension des visuellen Bildes. Sprechakt und Interaktion: das Gespräch. Die amerikanische Comedy. Das Sprachliche macht sichtbar, und das visuelle Bild wird lesbar.
Das akustische Kontinuum, seine Einheit. Seine Differenzierung entsprechend den beiden Aspekten des hors-champ. Das Off und die zweite Art des Sprechaktes: der reflexive Sprechakt. Hegelianische oder nietzscheanische Konzeption der Filmmusik
Die dritte Art des Sprechakts: der Fabulierakt. Neuartige Lesbarkeit des visuellen Bildes: das stratigraphische Bild. Ursprung des Audiovisuellen. Die wechselseitige Autonomie des akustischen und visuellen Bildes. Diebeiden Kadrierungen und der irrationale Schnitt. Sträub, Marguerite Duras. Das Verhältnis zwischen den beiden autonomen Bildern, die neue Bedeutung der Musik
10. Schlussfolgerungen
Die Entwicklung der Automaten. Bild und Information. Das Problem Syberbergs
Das direkte Zeit-Bild. Von den Opto- und Sonozeichen zu den kristallinen Zeichen. Die verschiedenen Arten der Chronozeichen. Die Noozeichen. Die Lektozeichen. Das Verschwinden der Rückblende, des hors-champ und des Off
Die Brauchbarkeit der Theorie im Kino

Signatur

THE 60